Der Mut der Frauen by Ellin Carsta

Der Mut der Frauen by Ellin Carsta

Autor:Ellin Carsta [Carsta, Ellin]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Tinte & Feder
veröffentlicht: 2022-03-14T22:00:00+00:00


12. Kapitel

Es gibt so vieles, was falsch läuft, dass ich beinahe nichts mehr entdecke, was überhaupt noch gut ist.

Gustav von Falkenbach

Gustav hatte sich fast zu Tode erschrocken, als er Ferdinand auf sich zueilen sah, während er gerade die Tür zur Praxis abschloss. Aron und seine Eltern waren erst vor wenigen Augenblicken gegangen und hatten sich in die andere Richtung davongemacht. Eigentlich konnte Ferdinand sie nicht mehr gesehen haben. Doch wenn er nur einen Augenblick früher gekommen wäre, hätte Gustav keine glaubhafte Ausrede für Ferdinand, der immerhin Oberleutnant der Wehrmacht war, parat gehabt.

»Ferdinand? Was machst du denn hier?«

»Guten Tag, Gustav. Kann ich dich vielleicht kurz sprechen?«

»Aber sicher. Ich wollte zwar gerade zum Mittagessen, aber wenn du willst, gehen wir wieder rein.«

»Nein, nein. Ich begleite dich einfach«, schlug Ferdinand vor.

»Gut, wie du willst«, stimmte Gustav zu und war erleichtert, dass Ferdinand offenbar tatsächlich nicht das Geringste bemerkt hatte.

»Eigentlich ist es wegen Inge«, begann Ferdinand sogleich. »Seit der Zwangssterilisation steht sie vollkommen neben sich.«

»Und das wundert dich?«

»Nein, wundern nicht. Aber wir machen uns alle große Sorgen um sie. Vor allem meine Mutter. Deshalb wollte ich dich fragen, ob du als Arzt irgendetwas weißt, was wir tun können, oder aber an wen wir uns wenden können?«

»Hm«, machte Gustav. »Ich bin kein Seelendoktor. Und ich muss auch gestehen, dass ich keinen Kollegen in der Gegend kenne, der sich darauf spezialisiert hat. Es gibt allerdings die Heil- und Pflegeanstalt Eglfing-Haar unter der Leitung von Dr. Hermann Pfannmüller, in der Nervenkranke behandelt werden.«

»Und du denkst, dass Inge in so eine Einrichtung gehört?«

»Das kann ich nicht beurteilen. Ich habe sie, soweit ich weiß, überhaupt nur ein einziges Mal gesehen, seit das geschehen ist. Und da huschte sie auch nur an mir vorbei und ist meinem Blick ausgewichen.«

»Das ist es ja. Sie war schon früher still und schüchtern. Doch nun ist sie verschreckt wie ein Reh. Und meine Mutter hatte heute Besuch von Kurt, den Inge eigentlich nächsten Monat heiraten wollte. Sie hat die Verlobung aufgelöst und ihm wohl gesagt, dass er sich eine Frau suchen soll, mit der er Kinder bekommen kann.«

»Das klingt sehr extrem«, befand Gustav nachdenklich. »Wenn sie auf diese Weise mit ihm gebrochen hat, scheint sie keine Perspektive mehr für ihr Leben zu sehen.«

»Ich kann es ja verstehen. Doch die Inge ist eine junge Frau. Sie kann doch unmöglich ihr ganzes Leben lang allein bleiben.«

»Vermutlich denkt sie derzeit gar nicht so weit«, meinte Gustav, während sie langsam nebeneinanderher gingen. »Und wenn ich das so höre, bezweifle ich, dass es ihr allein gelingen wird, die dunklen Wolken zu vertreiben.«

»Genauso sehen wir es auch.«

»Soll ich also mal mit dem Kollegen Pfannmüller Kontakt aufnehmen?«, fragte Gustav.

»Das wäre vermutlich das Beste. Vielleicht hat er ja auch einen Rat für dich, ohne dass sie gleich in die Klinik eingewiesen werden muss.«

»Versuchen kann ich es. Doch er wäre ein schlechter Mediziner, wenn er auf die Distanz eine Diagnose stellen würde.« Gustav sah Ferdinand von der Seite an. »Ich könnte ja mal versuchen, mit Inge zu sprechen. Dann könnte ich Dr. Pfannmüller schon mehr über sie sagen.



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